Anti-GAD65-Antikörper: Klinische Evidenz und praktische Vorteile von RIA gegenüber CLIA-Tests
Anti-GAD65-Antikörper und ihre klinische Bedeutung

Antikörper gegen die Glutamat-Decarboxylase (anti-GAD65) gehören zu den wichtigsten Biomarkern bei Autoimmunerkrankungen. Sie erfüllen eine doppelte diagnostische Funktion
- bei niedrigen bis moderaten Titern unterstützen sie die Identifikation eines autoimmunen Diabetes, insbesondere des Typ-1-Diabetes;
- bei sehr hohen Titern weisen sie stark auf neurologische Autoimmunerkrankungen hin, wie das Stiff-Person-Syndrom, autoimmune Enzephalitis, zerebelläre Ataxie sowie bestimmte Formen der Epilepsie.
In neurologischen Erkrankungen können die Anti-GAD65-Konzentrationen 100- bis 500-fach höher sein als bei Diabetes, wodurch eine präzise quantitative Bestimmung von entscheidender Bedeutung ist.
Eine kürzlich veröffentlichte wissenschaftliche Studie untersuchte die klinische Leistungsfähigkeit eines kommerziellen chemilumineszenten Immunoassays (CLIA) zur Bestimmung von Anti-GAD65-Antikörpern und verglich diesen mit einem **klassischen Radioimmunoassay (RIA von Medipan)1. Da automatisierte CLIA aufgrund ihrer praktischen Vorteile zunehmend in vielen Laboren eingesetzt werden, analysierten die Autoren Proben von 90 Patienten (54 mit autoimmunem Diabetes und 36 mit neurologischen GAD-Spektrum-Erkrankungen).
Die Ergebnisse zeigen erhebliche analytische Herausforderungen auf und verdeutlichen, dass keines der Verfahren bei extrem hohen Titern frei von Limitationen ist. Diese analytischen Aspekte gewinnen zusätzlich an Bedeutung, da sich die Versorgung des Typ-1-Diabetes zunehmend in Richtung Früherkennung und Präventionsstrategien entwickelt. In diesem Kontext ist eine exakte Messung von Anti-GAD65-Antikörpern essenziell, um autoimmunen Diabetes zuverlässig von neurologischen GAD65-Spektrum-Erkrankungen zu unterscheiden insbesondere bei extrem hohen Antikörpertitern.
Zentrale klinische und analytische Erkenntnisse der Studie
1. CLIA überschätzt die Titer im Vergleich zu RIA systematisch
Der CLIA lieferte im Durchschnitt etwa fünffach höhere Werte als der RIA und zeigte damit einen ausgeprägten proportionalen Bias, insbesondere bei hohen Konzentrationen. Während die Übereinstimmung bei Diabetespatienten sehr gut war, nahm sie bei neurologischen Fällen mit hohen Titern deutlich ab. Dies deutet darauf hin, dass die Linearität des CLIA mit steigender Konzentration zunehmend eingeschränkt ist.
2. Identifikation eines diagnostischen Cut-offs zur Differenzierung neurologischer und diabetischer Patienten
Auf Basis einer ROC-Analyse identifizierten die Autoren einen optimalen Schwellenwert, der eine Unterscheidung zwischen neurologischer GAD65-Autoimmunität und Typ-1-Diabetes mit einer Genauigkeit von 94–96 % ermöglicht. Diese Differenzierung ist klinisch entscheidend, da niedrig positive Anti-GAD65-Werte bei Diabetes häufig, in der Neurologie jedoch meist nicht klinisch relevant sind.
3. Sowohl CLIA als auch RIA zeigen einen Hook-Effekt – CLIA jedoch unauffällig
Ein zentrales Ergebnis betrifft den sogenannten Hook-Effekt. Beim CLIA zeigten mehrere neurologische Proben unerwartet niedrige Ergebnisse in der unverdünnten Messung, die erst nach Verdünnung die tatsächlich sehr hohen Titer offenbarten. Dies ist klinisch besonders kritisch, da Werte im mittleren Bereich fälschlich als unauffällig interpretiert werden können.
Auch beim RIA trat bei neurologischen Proben ein Hook-Effekt auf (bei unverdünnter Messung in 100 % der Fälle), jedoch war dieses Verhalten vorhersehbar und transparent: Nach Verdünnung stellte der RIA die volle Linearität wieder her und ermöglichte eine korrekte Quantifizierung der tatsächlichen Titer. Dieser Unterschied bildet die Grundlage für die praktischen Vorteile des RIA.
Warum RIA weiterhin relevant ist: Praktische und analytische Vorteile bei hohen Anti-GAD65-Titern
1. Vorhersehbares und transparentes Verhalten
Der RIA besitzt aufgrund der Tracer-Präzipitation eine intrinsische obere Messgrenze. Dies führt zu stabilen Plateauwerten, die eindeutig als analytische Sättigung erkennbar sind und keine fälschlich niedrigen Messergebnisse darstellen. Im Gegensatz dazu kann der CLIA scheinbar normale, jedoch tatsächlich unterschätzte Werte liefern, was klinisch deutlich riskanter ist. Dies macht den RIA besonders vertrauenswürdig bei neurologischen Proben mit extrem hohen Konzentrationen.
2. Vollständige Wiederherstellung der Linearität nach Verdünnung
Während der CLIA bereits vor Erreichen extremer Titer zunehmende Nicht-Linearität und Streuung zeigt, bewahrt der RIA eine stabile Proportionalität, sobald sich die Konzentration im messbaren Bereich befindet. Dadurch können auch sehr hohe Titer zuverlässig quantifiziert werden.
3. Verlässliche Referenzmethode für die Assay-Kalibrierung
In der Studie diente der RIA als Referenzmethode zur Bewertung des CLIA, zur Festlegung diagnostischer Cut-offs und zur Quantifizierung des proportionalen Bias. Damit bestätigt der RIA seine Rolle als Ankermethode, an der neue Assays validiert werden gestützt auf jahrzehntelange klinische Erfahrung.
4. Reduced risk of “silent” misclassification
Während der CLIA Titer auch im moderaten Bereich unterschätzen kann, ist das Fehlverhalten des RIA offensichtlich und korrigierbar. Gerade bei neurologischen Syndromen, bei denen die Diagnose wesentlich vom Erkennen extrem hoher Titer abhängt, stellt diese Transparenz einen entscheidenden Vorteil dar.
Fazit

In der komplexen Autoimmundiagnostik versagen nicht alle Assays auf die gleiche Weise. Die Ergebnisse zeigen, dass zwar kein Verfahren bei extrem hohen Anti-GAD65-Konzentrationen vollkommen frei von Limitationen ist, der RIA jedoch durch Vorhersehbarkeit, zuverlässige Linearität nach Verdünnung und seine Rolle als etablierte Referenzmethode überzeugt.
Ein fundiertes Verständnis des Verhaltens von RIA und CLIA bei extremen Anti-GAD65-Titern ist entscheidend, um stille Fehlklassifikationen zu vermeiden. Für Labore, die sich mit neurologischer Autoimmunität und der frühen Risikostratifizierung beim Typ-1-Diabetes befassen, bleibt eine referenzgeeignete Methode wie der Medipan RIA von zentraler Bedeutung.
Im Rahmen der Studie verwendete Produkte
| RIA | 2070, 2071 – CentAK® anti-GAD65 M | Quantitative Bestimmung von Antikörpern gegen Glutamat-Decarboxylase (GAD65) |
Produkte im Zusammenhang mit Typ-1-Diabetes
| ELISA | 3507 – Medizym® anti-GAD M | Quantitative Bestimmung von Antikörpern gegen Glutamat-Decarboxylase (GAD65) |
| ELISA | 3506 – Medizym® anti-IA2 M | Quantitative Bestimmung von Antikörper gegen Protein-Tyrosin-Phosphatase (IA2) |
| RIA | 2050, 2150 – CentAK® anti-IA2 M |
| ELISA | 3806 – Medizym® IAA | Quantitative Bestimmung von Antikörper gegen Protein-Tyrosin-Phosphatase (IA2) |
| RIA | 2035 – CentAK® IAA M |
| IFA for standard microscope | 85848 – ICA IFA | Bestimmung von IgG-Antikörpern gegen Inselzellen (ICA) |
| IFA for akiron®NEO | 4129 – AKLIDES® ICA |