A young woman sits on a grey sofa, leaning forward and clutching her stomach with an expression of pain and discomfort.
16.12.2025

Veränderungen des Darmmikrobioms sowie ASCA- und Anti-GP2-Antikörper bei CED: Evidenz aus einer großen Familienkohorte

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED), zu denen Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) gehören, sind chronische Erkrankungen, die durch eine Fehlregulation des Immunsystems, Umweltfaktoren, genetische Prädisposition und Veränderungen der Darmmikrobiota getrieben werden. Zunehmende Evidenz unterstreicht die Bedeutung serologischer Biomarker bei CED für eine verbesserte Krankheitscharakterisierung, eine frühere diagnostische Präzisierung und die Patient:innenstratifizierung.
Eine neue groß angelegte prospektive Untersuchung (Stand 2025) – die KINDRED IBD Family Cohort Study, initiiert im Jahr 2013 – liefert wichtige Einblicke in die Entwicklung der Darmmikrobiota bei CED-Patient:innen und deren Verwandten mit hohem Risiko¹1. Die Ergebnisse tragen dazu bei, die biologischen Mechanismen der CED besser zu verstehen, und weisen auf frühe diagnostische sowie serologische Marker und mikrobielle Signaturen hin, die mit der Krankheits­schwere assoziiert sind.

Was wurde in der Studie untersucht?

Die Forschenden erhoben umfangreiche Daten aus einer Kohorte von mehr als 2.300 Personen, darunter CED-Patient:innen und deren Verwandte ersten Grades, zu folgenden Aspekten:

  • 16S-rRNA-Mikrobiomsequenzierung
  • Klinische und ernährungsbezogene Daten
  • Genetische Profile (polygenetische Risikoscores)
  • Entzündungsmarker wie Calprotectin, CRP, ASCA2, und Anti-GP23-Antikörper

Dieses Studiendesign ermöglichte eine detaillierte Analyse von mikrobieller Dysregulation, genetischer Anfälligkeit und frühen Anzeichen des Krankheitsbeginns.

Zentrale Veränderungen des Darmmikrobioms bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Eine wesentliche Entdeckung war die ausgeprägte mikrobielle Dysbiose – also Störungen oder Veränderungen in Zusammensetzung, Funktion oder Stabilität der mikrobiellen Gemeinschaften im Darm – bei Personen mit MC und CU. Zu den wichtigsten Merkmalen gehörten:

1. Deutlicher Verlust der mikrobiellen Diversität

Sowohl MC- als auch CU-Patient:innen zeigten eine reduzierte mikrobielle Vielfalt, besonders ausgeprägt bei Morbus Crohn. Eine geringere Diversität korrelierte mit höheren fäkalen Calprotectinwerten, erhöhten ASCA-IgA/IgG-Spiegeln, weicherem Stuhl sowie einer verkürzten Transitzeit.

Diese Zusammenhänge bestätigen, dass die Instabilität des Mikrobioms die intestinale Entzündung widerspiegelt.

2. Zunahme potenziell schädlicher Bakterien (Enterobacteriaceae)

CED-Patient:innen wiesen konsistent erhöhte Mengen u. a. von Klebsiella, Escherichia/Shigella und Raoultella auf.

Diese Vertreter der Familie der Enterobacteriaceae sind mit Entzündungen assoziiert und gedeihen in gestörten Darmökosystemen.

3. Translokation oraler Bakterien in den Darm

Ein bemerkenswerter Befund war das Auftreten von ursprünglich oralen Bakterien – darunter Fusobacterium nucleatum, Veillonella, Rothia und Candidatus Saccharibacteria – im Darm von CED-Patient:innen.

Diese Mikroorganismen sind in gesunden Darmgemeinschaften selten und deuten auf einen Verlust der Kolonisationsresistenz hin.

4. Reduktion protektiver Bakterien

Gesunde Proband:innen zeigten im Vergleich zu CED-Patient:innen höhere Konzentrationen von Faecalibacterium, Ruminococcaceae, Alistipes und Prevotella.

Diese Bakterien unterstützen die Barrierefunktion des Darms und anti-entzündliche Signalwege.

Genetisches Risiko und Mikrobiomprofile

Die Studie verknüpfte zudem das polygenetische CED-Risiko mit spezifischen mikrobiellen Mustern. Personen mit höherem genetischem Risiko zeigten:

  • Erhöhte ASCA- und Anti-GP2-Antikörperspiegel
  • Stärkere Veränderungen der Mikrobiota
  • Mehr entzündungsassoziierte Bakterien

Dies verdeutlicht das enge Zusammenspiel von Genetik und Mikrobiom bei der Entstehung von CED.

Erkenntnisse aus Personen, die später an CED erkrankten

Ein besonderer Wert der Studie lag in der Möglichkeit, Personen zu beobachten, die sich von einem gesunden Zustand zu einer CED entwickelten. Diese Personen zeigten vor der Diagnose keine ausgeprägten Mikrobiomveränderungen, was darauf hindeutet, dass tiefgreifende mikrobielle Störungen möglicherweise erst nach dem klinischen Krankheitsbeginn auftreten. Dennoch waren subtile Verschiebungen bestimmter Bakteriengruppen und Entzündungsmarker bereits erkennbar.

ASCA- und Anti-GP2-Antikörper als serologische Biomarker bei CED

Die Studie bestätigte, dass Antikörper hoch informative serologische Biomarker bei CED sind, insbesondere bei Morbus Crohn. ASCA-Spiegel waren bei MC-Patient:innen signifikant erhöht und stark mit einer Überwucherung durch Enterobacteriaceae, erhöhtem Calprotectin sowie Anzeichen einer beschleunigten Darmpassage assoziiert. Auch Anti-GP2-Antikörper waren – vor allem bei MC – erhöht und korrelierten mit Alter, Geschlecht, mikrobieller Dysbiose und dem polygenetischen CED-Risiko.

Unter Berücksichtigung der routinemäßigen klinischen Laborabläufe bieten ASCA- und Anti-GP2-ELISA-Tests mehrere operative und klinische Vorteile gegenüber dem breiteren Spektrum diagnostischer Methoden, die in der Studie diskutiert wurden. Im Gegensatz zur Mikrobiomsequenzierung oder genetischen Testung sind ASCA- und Anti-GP2-ELISAs standardisiert, kostengünstig und leicht in die Routinediagnostik integrierbar. Die starke Assoziation dieser serologischen Biomarker mit Morbus Crohn sowie ihre Korrelation mit Entzündung, Dysbiose und genetischen Risikofaktoren machen sie zu praktischen und kosteneffizienten Markern für die routinemäßige Patient:innenstratifizierung, eine frühere diagnostische Präzisierung und das fortlaufende Krankheitsmonitoring.


Im Rahmen der Studie verwendete Produkte

4006 – ASCA IgAELISA zur quantitativen Bestimmung von IgA- oder IgG-Antikörpern gegen Saccharomyces cerevisiae (ASCA)
4007 – ASCA IgG
3750 – Anti-GP2 IgAELISA zur quantitativen Bestimmung von IgA- oder IgG-Antikörpern gegen Glykoprotein 2 (GP2)
3850 – Anti-GP2 IgG

Literaturverweise:

  1. Rausch et al., (2025) First insights into microbial changes within an IBD Family Cohort study ↩︎
  2. Seibold et al., (2001) Anti-Saccharomyces cerevisiae antibodies in inflammatory bowel disease: a family study ↩︎
  3. Roggenbuck et al., (2013) Glycoprotein 2 antibodies in Crohn’s disease ↩︎